Starjongleur
8. September 2018
INTERVIEW MIT DEM STARJONGLEUR

«Strassenkunst kann sich jeder leisten.»

Kaspar Tribelhorn ist Strassenkünstler. Unter dem Namen Starjongleur tritt er an Strassen- und Gauklerfestivals in der Schweiz und Europa auf. Mit Witz, Charme und einer Prise Selbstironie präsentiert er ein irrwitziges Spektakel für Gross und Klein.

Am 14. & 15. September sorgt er in der Schmiedgasse Stans für Unterhaltung. Wir haben ihn gefragt, wie es dazu kam? Was wir erwarten dürfen? Und was passiert eigentlich, wenn es regnet? 

 

Kaspar, wie wird man eigentlich Strassenkünstler?
Strassenkunst kann man an keiner Schule lernen. Keine Bühnenausbildung kann dich auf die unerwarteten Situationen auf der Strasse vorbereiten. Eine Strassenshow kann man nur auf der Strasse lernen. Das Publikum ist der beste Lehrer.

Was macht der Reiz bei einer Strassenshow aus?
Jede Strassenshow hat ihre eigene Dynamik. Am Anfang steht man als Künstler auf einem leeren Platz und muss das Publikum dazu bringen, stehenzubleiben. Das ist der schwierigste Teil der Strassenshow. Das lässt sich nicht planen und ist jedesmal anders. Die Stimmung am Anfang kann die ganze Show beeinflussen. Manchmal bleiben sofort Leute stehen, manchmal muss man auch richtige Überzeugungsarbeit leisten bis jemand stehen bleibt. Hat man eine Gruppe die Zuschaut, wird es einfacher. Wo viele Leute zuschauen, kommen automatisch mehr Leute hinzu. Ein Selbstläufer ist eine Strassenshow jedoch nie, verliert man den Fokus gehen die Leute wieder.

Hast du ein fixes Programm oder improvisierst du?
Auf der Strasse ist keine Show wie die Andere, die Bühne entsteht erst während der Vorstellung zusammen mit den Zuschauern. Ich habe ein Repertoire an Nummern, die ich aber jedes Mal neu, spontan und situativ kombiniere.

Du bist einer der wenigen vollberuflichen Strassenkünstler in der Schweiz, warum gibt es nicht mehr Künstler?
Das hat verschiedene Gründe. Die Schweiz ist klimatisch nicht prädestiniert für Strassenkultur, die Zeiten in denen es warm und lange hell ist, sind kurz, im Winter will sich keiner eine Show auf der Strasse anschauen. Zudem sind die Regeln in der Schweiz sehr kompliziert, jede Gemeinde und jede Stadt hat ein anderes Strassenkunstreglement. Und die Strasse ist ein hartes Pflaster für Künstler, da braucht man am Anfang ein dickes Fell und viel Durchhaltewillen.

Wie unterscheidet sich das Publikum in der Schweiz vom Ausland?
Die Unterschiede sind nicht ganz so gross wie man vielleicht erwarten würde. Generell würde ich sagen sind Schweizer am Anfang etwas skeptischer, es braucht mehr Überzeugungsarbeit bis sie stehen bleiben. Dafür bleiben Sie dann die ganze Show hindurch. 

Du hast Otto il Bassotto nach Stans eingeladen. Woher kennt ihr euch?
Wenn man als Strassenkünstler auf Tournee ist, trifft man viele andere Künstler. Der Umgang ist meist sehr kollegial, man sitzt nach den Shows noch zusammen, plaudert und tauscht sich aus. Otto habe ich an einem Festival in Österreich kennengelernt.

 

«Strassenkunst ist ein sehr faires System. Beim Theater oder im Kino zahlt man Eintritt, ohne zu wissen ob die Vorstellung einem gefällt. Auf der Strasse zahlt man «Austritt», wenn es einem gefallen hat.»

Kaspar Tribelhorn, Starjongleur

 

Könnt ihr von der Strassenkunst leben?
Im Sommer habe ich sehr viele Auftritte als Strassenkünstler, im Winter spiele ich vor allem an Firmen- und Privatanlässen mein Solo-Programm. 

Für die Darbietungen in der Schmiedgasse zahlt man keinen Eintritt, wie wichtig ist das Hutgeld für die Künstler?
Das Hutgeld ist sehr wichtig für uns Künstler, wir leben davon. Das schöne finde ich, dass die Zuschauer selber bestimmen können, wie viel sie für die Vorstellung zahlen wollen. Gerade für Familien mit vielen Kindern geht ein Theatereintritt schnell mal ins Geld, Strassenkunst kann sich jeder leisten. Und es ist ein sehr faires System, beim Theater oder im Kino zahlt man Eintritt, ohne zu wissen ob die Vorstellung einem gefällt. Auf der Strasse zahlt man «Austritt», wenn es einem gefallen hat.

Wie unterscheidet sich ein Auftritt mit deinem Solo-Programm auf der Bühne zu einer Strassenshow?
Wenn du als Künstler auf die Bühne kommst, klatschen die Leute, ohne dass du etwas gemacht hast. Auf der Strasse nicht, da musst du dir die Gunst des Publikums zuerst erarbeiten. Auf der Bühne hat man als Künstler Vorschusslorbeeren, auf der Strasse eher das Gegenteil. 

Was ist das Schwierigste auf der Strasse?
Die Leute am Anfang zum Stehen bleiben zu bringen. Zudem muss man sich um sehr viele Dinge gleichzeitig kümmern. Wo sollen die Leute stehen, wo ist die Bühne, woher scheint die Sonne, Zugänge zu Läden und Restaurants freihalten, usw.

Du machst waghalsige Kunsttücke, jonglierst mit brennenden Fackeln, schluckst ein Schwert und jonglierst mit einer laufenden Kettensäge. Hast du dich noch nie verletzt?
Ich hatte bis jetzt erst einen einzigen Unfall während einer Show. Aber ironischerweise nicht bei meinen Kunststücken, sondern ich wurde von einem Hund gebissen (lacht).

Was interessiert die Zuschauer am meisten an deinem Beruf?
Ich werde am häufigsten gefragt, ob man für Strassenkunst eine Bewilligung braucht. Das interessiert die Leute schon sehr.

Und, braucht man eine Bewilligung?
Das ist leider sehr kompliziert in der Schweiz, jede Stadt und jede Gemeinde hat ein eigenes Reglement. In einigen Städten darf man einfach auftreten, in anderen nur auf bestimmten Plätzen, zu bestimmten Zeiten oder nur an gewissen Tagen im Monat. In Winterthur muss man sogar auf dem Polizeiposten vorspielen, um eine Bewilligung zu erhalten. Ein spontaner Auftritt in einer Innenstadt, kann schnell mal mit einer Busse enden.

Was, wenn’s regnet?
Mein Motto ist: Solange die Zuschauer stehen bleiben, mache ich eine Show. Wenn es zu fest regnet, laufen die Zuschauer weg, und dann erübrigt sich auch die Show.

Somit lohnt sich der Besuch in der Schmiedgasse auch, falls es regnen sollte. Regenschutz und Münz nicht vergessen!!!